Andreas H. Buchwald
In immer finsterer erscheinenden Zeiten politisch-ideologischer Einspurigkeit und wahnwitzig überzogener Sprach- und Literatur“bereinigung“ kommt Dieter Kalkas Streitschrift wie die Stimme eines Rufers in der Wüste daher. Ein nicht ganz unbedeutendes Wagnis stellt sie außerdem dar, denn die selbsternannten Vertreter der moralinsauren „Sprachpolente“ werden höchstwahrscheinlich aufschreien und das kleine, feine, in aufreizendem Signalrot gehaltene Büchlein gründlich verreißen.
Dabei möchte sein Verfasser im Grunde nur eines: die deutsche Sprache in ihrem Ausdrucksreichtum und ihrer geschliffenen Schönheit erhalten. Als Logopäde ist er mit zahlreichen Spielen vertraut, die sich mit ihr treiben lassen, und er liebt sie ganz einfach. Das sollte, ja muß man ihm zugute halten, bevor man zu Schmähungen und übereilten Vorverurteilungen ansetzt. Dazu kommt, daß seine Argumentationen wohl durchdacht sind, wobei er nicht nur auf die anscheinend nicht mehr allen bekannten Unterschiede zwischen generischem Maskulinum und biologischem Geschlecht hinweist, sondern auch die philologischen und historischen Wurzeln gewisser Wort- und Satzbildungseigenheiten ins Gespräch bringt. Dem Modus der fanatischen Bilderstürmerei aus der linksgrünen Dauerschmollecke hält er das gesunde Sympathiegefühl entgegen, welches beispielsweise die Verwendung des Wortes „Indianer“ beim deutschen Zuhörer oder Leser erzeugt, demgegenüber jeglicher Ersatz zunächst einmal beträchlich steril daherkommt. Der tatsächliche Rassismus steckt im Menschen selbst, in seinem Grundgefühl, und ist nur sehr bedingt durch den Gebrauch bestimmter Worte erkennbar. Außerdem entwickelt sich Sprache aus sich selbst heraus und nicht aufgrund obrigkeitlicher Verordnung.
Kalkas insgesamt recht spritziger Stil sorgt für ein erhebliches Lesevergnügen. Allein schon deswegen ist diese Streitschrift nicht nur ein Muß für kritische Mitdenker, sondern auch für Literaturfreunde insgesamt, während die farbfreudigen und vieldeutigen Bilder Werner Bernreuthers ihren Inhalt auf einzigartige Weise untermalen.
Negerküsse in Zigeunersoße
Mit der Sprachpolente auf Patrouille – Eine Streitschrift
Dieter Kalka
EDITION BEULENSPIEGEL, Softcover, 72 Seiten
ISBN 978-3-949143-04-5